Vom Schwein, vom Bier, von Üfld

Fachgespräche
Fachgespräche Foto: Stefan König + Folker Bergmann

Um 4.45 Uhr in der Früh aufzustehen ist nichts, was mir wirklich einfach fällt. Ich bin Langschläferin und das aus Leidenschaft. Doch an diesem Morgen war mir der Wecker egal. Denn ich wusste, dass das, was ich an diesem Tag erleben werde, wohl nicht mehr so oft vorkommen wird.

Eine Stunde später standen Jörg und ich vor dem urigen Gebäude im kleinen Dörfchen Unfinden bei Hassfurt, dem Gebäude, um das herum wir uns die nächsten zwölf Stunden aufhalten sollten. Wer das erste mal auf den Bau inmitten der kulissenträchtigen Fachwerkhäuschen schaut, erkennt sofort, mit wie viel Liebe die um 1670 erbauten Gemäuer vom Förderverein Brauhaus Unfinden (http://www.brauhaus-unfinden.de) vier Jahre lang renoviert worden sind. 2004 gründete Christian Hey mit einer handvoll Begeisterter den Verein, der bis heute auf 75 Mitglieder beschränkt ist.

Beim schaffen
Beim Schaffen

Das Ziel: Das einsturzgefährdete Haus so zu sanieren, dass darin auf kommunbrauart Bier hergestellt werden kann und somit die alte Tradition wiederbelebt wird. Und das Unternehmen war erfolgreich: Vier bis fünfmal im Jahr wird seit der Eröffnung im Jahre 2008 gebraut, an diesem Tag aber mit einer Besonderheit – einer Hausschlachtung, wie sie im 21. Jahrhundert fast ausgestorben ist. Also ein Muss für uns Bierfilmer, solch eine früher für die fränkische Kultur typische Veranstaltung mit Kameras, Kran und Co. mitzunehmen.

Auf nähere Einzelheiten des Schlachtvorgangs werde ich an dieser Stelle verzichten. Nur so viel: Wer sah, wie die Vereinsmitglieder den zwar anfangs ein wenig müden, dafür aber ordentlich gut gelaunten Metzger Michael Ruck, unterstützten, weiß, mit welch gemeinschaftlichen Gedanken das Vorhaben in die Tat umgesetzt wurde. Auf professionelle Art und Weise, versteht sich. Davon konnte sich auch Fleischbeschauer Hubert Hierling überzeugen, mit dem wir uns kurzerhand über seinen „vom Aussterben bedrohten“ Beruf unterhielten.

Brauhaus Unfinden
Brauhaus Unfinden

Während das Schwein so langsam im Kochtopf zum Kesselfleisch siedete, wurden die Stehplätze im Brauhaus nebenan rar. Kein Wunder: Erstens gab es den letzten Sud Festbier zu kosten und zweitens konnte den Brauern bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut werden. Was natürlich auch wir taten. Frank Fischer kommentierte jeden seiner Arbeitsschritte für die Kamera, wo andere kaum ein Wort herausbekommen, der Frank, der zeigte, was er kann. Er ist einer von fünfen, die sich von Georg Merklein (Schlossbrauerei Reckendorf) zum Bierbrauer ausbilden ließen. Merklein ist es übrigens auch zu verdanken, dass im Brauhaus überhaupt Sudkessel und Co. stehen. Es ist die Anlage, auf der er schon zig Jahre zuvor gelernt hat. Schön, ihn, den begeisterten Unterstützer vom Brauhaus auch an diesem Tag zu treffen und im Interview über Tradition, Brauen und Üfld, wie die Einheimischen zu Unfinden sagen, zu sprechen.

Koenig_Bergmann
Foto: Stefan König + Folker Bergmann

Und so vergingen die Minuten und die Stunden. Und am Ende waren wir die letzten, die das Brauhaus verließen. Wir verließen es mit drei Momenten, die wir neben vielen anderen sicherlich nicht vergessen:

  1. Der Anblick ganz junger Mädels, die wie, als ob es das normalste der Welt wäre, Kesselfleisch aßen und klein schnitten, und uns sagten: Klar wissen wir, dass das Schwein vorhin getötet worden ist, das ist nicht schön, aber wir essen das hier trotzdem. Frage: Wie viele Kinder machen das heute noch?
  2. Christian Dempf, der extra mit dem Zug aus München angereist ist, weil er vom Brautag gelesen hat. Frage: Wann reist ein MÜNCHENER wegen des Bieres nach FRANKEN und gibt das auch noch zu?
  3. Martin Scherer (schererlied.de), ein Liedermacher, versammelte bei untergehender Sonne die Unfindener um sich und sang mit ihnen sein eigens für Üfld geschriebenes Lied. Frage: Wo sonst ist eine Dorfgemeinschaft in Sachen Bierbrauen, Tradition und Zusammenhalt so (positiv) verschworen, wie in Unfinden?

Danke an euch Üflder für den tollen Drehtag. Wir freuen uns schon auf euren Bockbieranstich.

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